Kappeler Leit

 

An dieser Stelle berichten wir von Zeit zu Zeit über Menschen, die unserem kleinen Dorf sein unverwechselbares Profil geben.

 

Rudi Litzenberger

Er ist Jahrgang 1925, mit Kappeler Wasser getauft und hier zur Schule gegangen. Die Eltern betrieben Landwirtschaft und auch Rudi hätte dies sicherlich liebend gern getan. Doch es war Krieg. Mit siebzehn Jahren wurde er zum Militär eingezogen-. Er kam zur Panzerartillerie, wo er jeweils in den vorderen Linien als Beobachter die Einschläge der eigenen Geschütze beobachten und korrigieren musste. Ein gefährlicher Posten, denn man lag nicht nur unmittelbar vor den feindlichen Linien, sondern es konnte auch vorkommen, dass die Granaten der eigenen Artillerie zu kurz flogen, wobei man selber in Gefahr geriet. Bei den Kämpfen wurde Rudi verwundet, verbrachte einige Zeit im Lazarett und geriet dann gegen Ende des Krieges in Gefangenschaft. Zu den zwei Jahren Wehrdienst kamen nun drei lange Jahre, in denen er vorwiegend zum Entschärfen von Blindgängern und Granaten im Westen und Süden von Frankreich eingesetzt wurde. 1948 wurde er dann endlich in die Heimat entlassen. Zu dieser Zeit befand sich die Landwirtschaft noch in einer Blütezeit. Rudi betrieb mit viel Freude und Engagement den elterlichen Hof.

 

Er heiratete 1954 Gisela Maurer. Die Litzenbergers bekamen zwei Buben, Bernd und Horst. Der elterliche, alte Hof im Mühlenberg wurde für den Landwirtschaftsbetrieb allmählich zu klein und so baute Rudi in der Nähe der einstigen Kappeler Mühle außerhalb des Dorfes 1960 neu den viel geräumigeren Udenhof mit zeitgemäßen Gebäuden . Der jüngere Sohn sollte eigentlich den Betrieb später fortführen Doch es kam anders. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ließ das Fortführen kleiner bis mittelgroßer Betriebe als nicht ratsam erscheinen. Der Sohn ging schließlich in die Metallbranche und Rudi gab die Landwirtschaft mit 65 Jahren bei Erreichen des Rentenalters auf. Nach dem Tode seiner Frau führt er seinen Haushalt weitgehend alleine. Der Sohn Bernd lebt mit seiner Familie im gleichen Haus. So ist der Rentner wenigstens nicht ganz alleine. Doch im Dorf ist es recht ruhig geworden, findet Rudi Litzenberger. Es gibt keinen Gasthof mehr und wenn er tagsüber einmal durch die Gassen geht, trifft er fast nie einen Menschen. Die Kinder sind in der Schule oder in den Hort gependelt und die Erwerbstätigen verdienen ihr Geld in anderen Orten. „Bestenfalls treffe ich noch auf meinen eigenen Schatten – wenn die Sonne scheint“, meint er etwas resigniert. „Früher, als noch die Mehrzahl der Kappeler in der Landwirtschaft tätig war, traf man sich oft auf dem Felde oder, wenn mal eine Pause eingelegt wurde, waren die Wagnerwerkstatt oder die Schmiede beliebte Anlaufpunkte. Man trank zusammen etwas Apfelwein oder ein Bier und ging schließlich wieder ans Tagewerk. Heutzutage ist der Zusammenhalt nicht mehr so spürbar. Wenn einer der Kappeler auf dem Schlepper vorbeifährt, nickt er zum Gruße; Zeit zum Anhalten bleibt aber selten.“ Doch Rudi Litzenberger ist nicht unzufrieden. „Wir leben hier in einer schönen Landschaft und in einer gesunden Luft. Ich genieße die Ruhe und bin dankbar für die nunmehr dreiundsechzig Jahre andauernde Zeit ohne Krieg in Deutschland.“

 

 

Das Interview führte Wolfgang Werner im August 2008

 

zuvor veröffentlichte Interviews:

Nachtrag der Redaktion. Rudi Litzenberger starb im Juni 2013 im Alter von 87 Jahren.