Kappeler Leit

 

An dieser Stelle berichten wir von Zeit zu Zeit über Menschen, die unserem kleinen Dorf sein unverwechselbares Profil geben.

 

Herrmann Streibel

Er ist ein Mann der Tat, unverwüstlich, ein Urgestein! 1921 in Dittersdorf in Oberschlesien als Sohn eines Schuhmachers geboren, ging er dort acht Jahre zur Schule, und lernte bei seinem Vater das Handwerk. 1938 verpflichtete er sich auf 1 Jahr zum Reichsarbeitsdienst. 1940 erhielt er den Gestellungsbefehl zur Infanterie, war nach der Grundausbildung zunächst in Frankreich eingesetzt und ab Weihnachten 1941 in Russland. „Unter der Kälte des russischen Winters bei -52° C haben wir sehr gelitten“, erinnert er sich. Er wurde bei Staria Russa verwundet, geriet Weihnachten 1944 bei Newel in schwere Abwehrkämpfe, die er als einziger seiner Kompanie überstand. Damals schwor er sich, seinem Heimatdorf eine Kapelle zu stiften, wenn er überleben würde. Im Mai 1945 kam er mit den Resten der Heeresgruppe Nord in Masuren in russische Gefangenschaft, aus der er erst im Mai 1948 zurückkehrte

 

Der Zufall führte Herrmann Streibel nach Kappeln, wo er eine Schuhmacherwerkstatt eröffnete. Er fand auch wieder Kontakt zu den Geschwistern und den Eltern, die er noch im gleichen Jahr zu sich holte.1952 machte er die Meisterprüfung und im gleichen Jahr heiratete er Hedwig Schneider aus Grumbach. Seine Werkstatt florierte, er hatte schon bald ein Haus im Dorf gekauft, und voller Tatendrang eröffnete er außerdem eine Gemischtwarenhandlung und betrieb eine Versicherungsagentur. 1957 entstand die Idee zu einer Genossenschaft, die noch im gleichen Jahr mit Hermann Streibel als Geschäftsführer gegründet, und im Folgejahr mit einer Raiffeisenkasse erweitert wurde. Die Raiffeisengenossenschaft benötigte natürlich viel Lagerfläche und so mietete man an Schuppen und Scheunen, was in der Nähe verfügbar war. 1966 wurde das heutige Raiffeisengebäude erbaut. Er leitete das Kappeler Unternehmen bis zu seinem Ruhestand 1986. Im Dorfleben hat sich Hermann Streibel darüber hinaus natürlich auch sehr engagiert. Er ist seit Jahrzehnten Mitglied des Männergesangvereins, hatte den Vorsitz des Sportvereins und entscheidenden Anteil am Bau des Fußballplatzes auf Bauler. Nach dem Ende der Berufstätigkeit verwirklichte er sein Gelübde, im Heimatdorf eine Kapelle zu erbauen. 10 Mal reiste er in den Jahren 1995 bis 2000 nach Oberschlesien. Mit der polnischen Bevölkerung, die jetzt in dem Dorf lebt, verbindet ihn eine herzliche Freundschaft. Ein Mann wie Hermann Streibel legt auch als Rentner mit 83 Jahren nicht die Hände in den Schoß. Wann immer es ihm möglich ist, fährt er bei jedem Wetter zu seinem Anwesen im Walde am Rande des Truppenübungsplatzes Baumholder, wo er in Eigenregie Teiche angelegt hat und Forellen aufzieht. Haben Sie schon einmal geräucherte Forellen bei ihm probiert? Sie sind eine Delikatesse!

Das Interview führte Wolfgang Werner.

 

Nachtrag der Redaktion: Hermann Streibel verstarb überraschend im Herbst 2006. Kappeln trauert um einen beliebten Mitbürger.